Wenn ein Ermittlungsverfahren gegen einen Beschuldigten eingeleitet wird, bekommt dieser bei kleineren Delikten ein Schreiben von der Polizei. In diesem wird er aufgefordert, zu dem Tatvorwurf Stellung zu nehmen. Bei etwas größeren Delikten bekommt er eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung von der Polizei. Bei schwierigeren und umfangreicheren Strafsachen kann ein Beschuldigter auch eine Ladung von der Staatsanwaltschaft erhalten.
Einer Ladung der Polizei zur Beschuldigtenvernehmung muss nicht gefolgt werden
Wer ein Schreiben von der Polizei zur Stellungnahme erhält, ist nicht verpflichtet, darauf zu antworten. Der Beschuldigte ist lediglich verpflichtet, Angaben zur Person (Wohnsitz, Familienstand) zu machen. Der Beschuldigte ist auch nicht verpflichtet, der polizeilichen Ladung zur Beschuldigtenvernehmung Folge zu leisten. Nur einer Ladung von der Staatsanwaltschaft zur Beschuldigtenvernehmung muss nachgekommen werden. Es empfiehlt sich, schon zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einen Anwalt für Strafrecht aufzusuchen. Denn je früher ein Anwalt beauftragt wurde, desto besser stehen die Chancen, dass das Strafverfahren bereits im Ermittlungsverfahren eingestellt wird.
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
Der Beschuldigte hat im Strafrecht in jeder Lage des Verfahrens das Recht zu schweigen. Von diesem Recht wird von den Beschuldigten in der Praxis jedoch viel zu wenig Gebrauch gemacht. Wenn ein Unfall passiert ist oder die Polizei an der Wohnungstür klingelt, fühlen sich viele Beschuldigte verpflichtet, auf die Fragen der Polizei zu antworten. Dazu besteht im Strafrecht aber keine Verpflichtung. Vielmehr sollte man erst einmal abwarten, ob ein Tatnachweis geführt werden kann und sich mit einem Rechtsanwalt besprechen. Der Anwalt kann in manchen Fällen bereits im Ermittlungsverfahren Akteneinsicht nehmen. In einigen Fällen empfiehlt sich dann die Salami-Taktik: Es wird nur das zugegeben, was in der Akte steht.
Einspruch gegen einen Strafbefehl
Wenn man einen Strafbefehl zugestellt bekommt, hat man zwei Wochen Zeit, gegen diesen Strafbefehl Einspruch einzulegen. Diesen Einspruch kann man auch beschränken, beispielsweise auf den Rechtsfolgenausspruch. Das macht dann Sinn, wenn man nur gegen die Höhe der Tagessätze vorgehen möchte. Der Rest des Strafbefehls, also die vorgeworfene Tat, erwächst daraufhin in Rechtskraft. Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft wegen dem gleichen Sachverhalt nicht noch einmal ein Verfahren einleiten kann.
Die Möglichkeit der Vermeidung einer Hauptverhandlung
Wenn Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt wird, kommt es zu einer Hauptverhandlung gegen den Beschuldigten. Diese wird im Strafrecht grundsätzlich öffentlich durchgeführt. Daher sollte man genau überlegen, ob man gegen den Strafbefehl Einspruch einlegt. Denn es ist kein Vergnügen, auf der Anklagebank zu sitzen, wenn auf den Besucherbänken die gesamte Nachbarschaft sitzt. Auch sind die Kosten geringer. Es empfiehlt sich daher, von einem Anwalt prüfen zu lassen, ob die verhängte Strafe auch den üblichen „Tarifen“ entspricht.
Die Höhe der Tagessätze und wie man sie beeinflusst
Die Höhe der Tagessätze bestimmt sich nach dem Nettoeinkommen. Vielfach wissen die Beschuldigten aber nicht, dass sie von ihrem Nettoeinkommen noch weitere finanzielle Belastungen absetzen können. So können beispielsweise auch Versicherungsprämien, die Ausdruck einer vorausschauenden Lebensführung sind, abgesetzt werden. Bei Selbständigen sind die Betriebsausgaben vom Nettoeinkommen abzuziehen. Die Kosten für eine Ausbildung, etwa Studiengebühren, sind ebenfalls vom Nettoeinkommen abzuziehen. Auch kann ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt werden. Aber auch hierzu sollte ein Anwalt mit Erfahrung im Strafrecht eingeschaltet werden.
Geheimtipp zur Strafminderung: Geständnis, Entschuldigung, freiwilliges Schmerzensgeld
Wenn die Staatsanwaltschaft einen Tatnachweis führen kann, wirkt es sich strafmindernd aus, wenn man die Tat zugibt. Und das in einem möglichst frühen Stadium des Strafverfahrens. Daneben gibt es noch weitere Möglichkeiten, eine Strafminderung zu erlangen. Das ist zum Beispiel die Wiedergutmachung des Schadens. In diesem Falle tritt man mit dem Verletzten in Kontakt und ersetzt ihm beispielsweise den Schaden, der durch einen Betrug entstanden ist. Von dieser Möglichkeit wird in der Praxis auch viel zu wenig Gebrauch gemacht.
Man kann auch an den Verletzten ein freiwilliges Schmerzensgeld bezahlen. Das ist bei allen Delikten möglich, insbesondere bei Körperverletzungen oder Beleidigungen. Da von dieser Möglichkeit nur wenige Beschuldigte Gebrauch machen, kann man dadurch auch in vielen Fällen die Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Verfahrens bewegen.
Übersehen wird oftmals auch, dass ein Entschuldigungsschreiben an den Verletzten in vielen Fällen zu einer deutlichen Strafminderung führt.